Grande Lisboa

Im Sommer gehört Guincho sicherlich zu den besten Wave-Spots Europas, weshalb ihm auch regelmäßig die Ehre von internationalen Wave-Contests zuteil wird. Von Mai bis August wird die Nortada hier thermisch verstärkt, so dass man sehr regelmäßig aufs Wasser kommt. Der Wind von rechts pendelt zwischen WNW (sideon) und NNE (sideoff). Er nimmt im Tagesverlauf stetig zu und erreicht nachmittags regelmäßig bis zu 7 Windstärken; kleine Kites und Segel im Quiver sind also unverzichtbar. Je wärmer der Tag, desto mehr tendiert der Wind nach NNE (sideoff) und wird dabei immer böiger. Wird es zu heiß, dreht er sogar auf NO-O (warm und ablandig) und die lokale Verstärkung der Nortada kollabiert. Wenn das innerhalb weniger Minuten passiert und es auf dem Wasser plötzlich spürbar wärmer weht, sollte man sich zügig an Land begeben, denn sonst musst Du nach Hause schwimmen. Mit etwas Glück gesellt sich zur lokal verstärkten Nortada passender Swell, der zuweilen Masten in den Wellentälern verschwinden lässt. Im Herbst und Frühjahr ist die Wahrscheinlichkeit für große Wellen deutlich höher als im Sommer, dafür stehen die Wind-Chancen dann nur noch 50/50. Im Winter gibt's zwar große Wellen, dafür aber kaum Wind und viel Regen. Bei großem Swell werden die Bedingungen in Guincho sehr anspruchsvoll. Böiger Wind, starke Strömungen und heftiger Shorebreak (besonders bei Flut) sind nur etwas für sichere Fahrer. Es gibt zwei Haupteinstiege, nördlich und südlich der Felsen, die die Bucht in zwei Hälften teilen. Die einen gehen lieber im Nordteil aufs Wasser, da sie hier den Wind für konstanter und die Wellen für sauberer halten (besonders bei Ebbe). Zweifelsfrei ist, dass man bei einem Fahrfehler nicht gleich auf die Steilküste zutreibt, wie das im Süd-Teil des Strandes der Fall ist. Dennoch hat sich der südliche Teil für Wave-Aufsteiger etabliert, da der Strand hier etwas flacher abfällt, was ein paar Meter mehr Stehbereich verschafft. Am Süd-Ende des Strandes, neben dem Hotel Muchaxo, ist das Parken umsonst; im Norden an der Bar do Guincho kostet es dagegen ein paar Euro. Was an beiden Locations anfällt, ist der weite Weg zum Wasser. Natürlich kann man in Guincho auch sehr gut Wellenreiten oder SUPen, an windlosen Tagen rippt man den Atlantikswell am besten vor dem Hotel Muchaxo.

Wer in Ericeira mit dem Windsurfbrett aufs Wasser will, ist an der Praia do Matadouro sicherlich am besten aufgehoben: Man trifft auf wesentlich weniger Wellenreiter als am Nachbarspot Ribeira das Ilhas und umgeht so schwierige Situationen. Außerdem ist der Wind nicht so böig wie dort, die Bedingungen zum Frontside-Waveriding aber ähnlich hervorragend. Nur bei Ebbe hört der Spaß auf: Felsen mit scharfen Muscheln und Seeigeln machen das Herauskommen unmöglich und auch über dem Riff hat’s dann kaum noch Wasser. Insgesamt wird der Spot seinem Namen gerecht und ist etwas für mutige Junggesellen: Ein radikaler Wave-Spot für sehr gute Windsurfer, zum Kiten ist der kaum vorhandene Strand in jedem Fall zu schmal. Den schmalen Channel für den Einstieg lässt Du dir am besten von einem Local zeigen.

Eine Light-Version der nördlichen Costa da Caparica. Die Wellen sind noch einmal kleiner, wobei die Qualität des Beachbreaks immer wieder mit den Sandbänken variiert. Bei kleinem Swell ideal für Wave-Einsteiger. NW kommt sideshore und bläst noch etwas schwächer als in Caparica; wie dort sind aber auch hier viele Wellenreiter unterwegs. Die bewaldete Steilküste im Hintergrund schafft ein stimmungsvolles Ambiente und die staubigen Pisten mit den zahlreichen Strandbars haben was von Brasilien.

Der Beachbreak von Santa Cruz ist ebenfalls ein bekannter Wellenreitspot, doch dank weitläufiger Strände herrscht friedliche Koexistenz. An warmen Sommertagen kann es dennoch eng werden, jedoch weniger auf dem Wasser als an Land, wo tausende Strandbesucher den Abschnitt vor dem Ort bevölkern. Kiter bevorzugen daher Prais do Mirante nördlich vom Ort. Für großes Windsurf-Material langt es erst, wenn es in Guincho richtig hackt.

Ab und zu sieht man hier bei Flut ein paar Locals, aufgrund der fragwürdigen Wasserqualität aber kein empfehlenswerter Spot; es sei denn Du willst eine multiple Resistenz gegen Schwermetalle, E.-Coli-Bakterien & Co. entwickeln. Schau Dir besser das nette Fischerdorf Alcochete an und probier den frischen (Atlantik-)Fisch in einem der Restaurants. Bei Muscheln besser zurückhalten, denn die werden gelegentlich noch illegal im Schlick des Tejo gesammelt.

Das braune Wasser des "Rabenstrandes" verträgt nur, wer schon als Kleinkind im Tejo getauft wurde. Auch wenn die Abwasser-Klärung in den letzten Jahren verbessert wurde, schwemmt der Nordwind noch viel Unrat ans Ufer. Im Schlick warten scharfe Austern auf die Füße und im Sommer teilst man sich das Ambiente mit hartgesottenen Badegästen. Funktioniert nur bei Flut.

São João und Cova do Vapor sind die nördlichsten Strände der bei Lisboetas sehr populären und über 10 km langen Costa da Caparica. Um der Erosion zu begegnen, sind die Strände durch Molen unterteilt, die den Beachbreak etwas ordnen. Wellen und Strömung halten sich in Grenzen und auch die Nortada weht mäßiger als in Guincho. Richtung Süden werden die Molen kleiner und das urbane Ambiente geht in weitläufige Dünenlandschaft über. An den Breaks haben die Wellenreiter Vorrang und im Sommer gehört der Strand den zahlreichen Badegästen. Kiten ist dann nur weiter südlich erlaubt.

Ein Ausweich-Spot, wenn es überall sonst zu groß ist. An der Praia do Torrão findest Du auch bei sehr großem Winterswell noch Bedingungen ohne Wellen. 1901 wurde in Trafaria das erste Seebad Portugals eröffnet, heute überwiegt der industrielle und etwas morbide Charme der großen Verladestation am Ende des Strandes. Wasserqualität und Ambiente sind an den anderen Spots der Costa da Caparica besser.

Auch hier findet man noch moderate Bedingungen, wenn an anderen Spots nur noch weiße Brecher an den Strand rollen. Bei den Locals ist der Spot auch als Freestyle- & Freeride-Revier bei sommerlicher Nortada beliebt. Der Einstieg liegt am kleinen, leider nicht so sauberen Strand östlich des Hafens. Strömung und Chop werden weiter draußen größer.